Clean Eating: Zurück zur Natur?

Clean Eating klingt nach einem neuen, trendigen Ernährungskonzept. Dabei kennen wir Clean Eating schon lange, denn unterm Strich ist damit eine vollwertige und naturbelassene Ernährung gemeint. Ist Clean Eating also nichts weiter als ein weiterer Ernährungshype unter vielen oder doch vielleicht ein großer Hoffnungsträger?

Clean Eating: je kürzer die Zutatenliste, desto besser

Was genau bedeutet Clean Eating? Die Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten, da eine genaue und allgemeingültige Definition von Clean Eating nicht existiert. Während einige damit eine Ernährung frei von gentechnisch veränderten Lebensmitteln meinen, wollen andere ganze Lebensmittelgruppen wie Milchprodukte oder zuckerhaltige Produkte aus dem Speiseplan verbannen. Eigentlich beschreibt Clean Eating aber einer vollwertige und naturbelassene Ernährung, in der also alle verarbeiteten Lebensmittel gestrichen werden.1,2 Das heißt aber nicht, dass ab sofort nur noch Rohkost auf den Tisch kommt. Das Schöne an diesem Trend ist nämlich: es gibt keinen harten Verzicht, da man prinzipiell alles essen kann. Nur eben so unverarbeitet wie möglich. Fertigprodukte, Fast Food und stark verarbeitete Lebensmittel sind tabu. Warum? Das hat mehrere wichtige Gründe.

Bei Verarbeitungsprozessen – ganz besonders bei industrieller Verarbeitung – verändern sich die Lebensmittel. Einige Nährstoffe, wie zum Beispiel das Vitamin C, sind nicht hitzestabil. Werden sie stark erhitzt, wird das in einem Lebensmittel enthaltene Vitamin C zerstört. Der Nährstoffgehalt von Lebensmitteln, die während der Verarbeitung stark erhitzt wurden, ist daher deutlich geringer.3

Es werden aber nicht nur Nährstoffe zerstört, es entstehen auch neue, verarbeitungsbedingte Substanzen. Sie entstehen beispielsweise durch eine unvollständige Verbrennung organischer Substanzen und stärkehaltiger Lebensmittel. Solche verarbeitungsbedingten Stoffe werden als krebsfördernd angesehen und gelten daher als gesundheitsschädlich.4,5,6

Durch industrielle Fetthärtung, also das starke Erhitzen von Fetten und Ölen, entstehen die gesundheitsschädlichen trans-Fettsäuren.7 Warum sie gesundheitsschädlich sind? Trans-Fettsäuren erhöhen die Blutwerte des schlechten LDL-Cholesterins, welche sich an den Gefäßwänden ablagern und über die Zeit zu Atherosklerose führen. Das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall steigt deutlich an. Besonders Diabetiker und Übergewichtige sollten bei dem Verzehr von trans-Fettsäuren sehr vorsichtig sein.7 In höheren Mengen kommen sie in Fast Food, Fertiggerichten und fettigen Backwaren vor.

Um den perfekten Geschmack, das perfekte Aussehen oder die perfekte Konsistenz zu garantieren und die Lebensmittel lange haltbar zu machen, werden industriell verarbeitete Produkte häufig mit diversen Zusatzstoffen versetzt. Nicht alle, aber viele Zusatzstoffe haben gesundheitliche Nachteile. So können beispielsweise Süßstoffe das Mikrobiom unseres Darms stark schädigen und darüber gesundheitliche Nachteile auslösen.8 Die Rolle von Zusatzstoffen bei der Entstehung von Krebserkrankungen wird immer wieder diskutiert.

Beim Clean Eating handelt man daher nach dem Prinzip: je kürzer die Zutatenliste, desto besser.

So funktioniert‘s: 7 wichtige Tipps zum Clean Eating

Tipp 1: Nimm dir genügend Zeit zum Einkaufen

Bei vielen Produkten ist auf den ersten Blick gar nicht ersichtlich, wie stark verarbeitet sie sind oder wie viele Zusatzstoffe zugesetzt wurden. Ein Blick auf die Zutatenliste ist oft aufschlussreich. Nimm dir daher genügend Zeit, um die Zutatenlisten verschiedener Produkte zu lesen und sie zu vergleichen. Wie schon gesagt: Beim Clean Eating schaut man besonders darauf, wie viele Zutaten aufgeführt werden. Aufpassen solltest du, wenn in der Zutatenliste zum Beispiel Antioxidationsmittel, Emulgatoren, Farbstoffe, Geschmacksverstärker oder Konservierungsstoffe gelistet sind. Auch modifizierte Stärke, Säuerungsmittel oder Säureregulatoren, Stabilisatoren, Trennmittel, Überzugsmittel und Verdickungsmittel gehören zu den Zusatzstoffen und werden beim Clean Eating gemieden.

Tipp 2: Frisch kochen

Fast Food und Fertiggerichte solltest du aus deinem Speiseplan verbannen. Sie enthalten häufig Zusatzstoffe und gelten als hoch oder ultrahoch prozessierte – also sehr stark verarbeitete – Lebensmittel. Neben den Zusatzstoffen gelten besonders der hohe Anteil an Zucker, gesättigten Fettsäuren und trans-Fettsäuren als gesundheitsschädlich.9

Wer frisch kocht und Fertiggerichte meidet, erhöht dadurch fast zwangsläufig den Anteil an Gemüse, Obst und Hülsenfrüchten, welche einen hohen Nährstoff- und Ballaststoffgehalt haben. Sie werden aufgrund zahlreicher Eigenschaften als gesundheitsfördernd angesehen.10,11

Tipp 3: Öle und Fette richtig auswählen

Auch wenn Öle und Fette verarbeitete Produkte sind, spielen sie eine wichtige Rolle für den Körper und dessen Gesundheit. Aber: Nicht jedes Öl oder jedes Fett ist gleich gut. Dabei kommt es auf den Gehalt der gesunden Omega-3 Fettsäuren und insgesamt auf die ungesättigten Fettsäuren an.12

Olivenöl und Rapsöl gelten beispielsweise als gesund, da sie viele ungesättigte und Omega-3 Fettsäuren enthalten. Sie sollten allerdings nicht zu hoch erhitzt werden, um die Entstehung gesundheitsschädlicher Stoffe zu vermeiden. Auch Leinöl, Hanföl oder Walnussöl eignen sich hervorragend, zum Beispiel für ein Salatdressing.12

Andere Öle, wie Sonnenblumenöl, Palmöl oder Schweine- und Butterschmalz sollten eher vermieden werden. Sie enthalten viele gesättigte Fettsäuren und haben einen höheren Anteil an entzündungsfördernden Omega-6 Fettsäuren.12,13

Tipp 4: Auf natürliche Süße setzen

Wir alle kennen ihn, den weißen Haushaltszucker. Beim Clean Eating sollte raffinierter Zucker allerdings aus dem Ernährungsplan gestrichen werden. Warum? Raffinierter Zucker ist stark verarbeitet und enthält keine wichtigen Nährstoffe oder Vitamine mehr. Der schöne weiße Zucker bietet also keinen echten Mehrwert für unsere Ernährung. Zucker ist außerdem gesundheitsschädlich. Wer den Zucker durch eine gesündere Alternative ersetzen möchte, sollte jedoch auch nicht zu Zuckerersatzstoffen oder Süßstoffen greifen. Denn sie gehören zu den Zusatzstoffen und gelten nicht als „clean“. Viele Studien zeigen außerdem, dass künstlich hergestellte Süßstoffe das Mikrobiom unseres Darm schädigen und dadurch zu der Entstehung von Übergewicht, Diabetes Typ 2 und in letzter Konsequenz auch zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen.8,14,15

Die beste Möglichkeit ist, auf natürliche Süße zu setzen. Dafür kann man zum Beispiel die natürliche Süße von Datteln, anderen Trockenfrüchten oder auch rote Beete ausnutzen.

Tipp 5: Frische Kräuter und Gewürze verwenden

Geschmacksverstärker und künstliche Aromen sind nicht „clean“ und sind daher aus dem Speiseplan verbannt. Das heißt aber nicht, dass von nun an alle Gerichte fade schmecken müssen. Durch frische Kräuter und Gewürze lassen sich alle Gerichte aufpeppen. Außerdem haben sowohl Kräuter als auch Gewürze diverse gesundheitsfördernde Effekte.

Tipp 6: Ausreichend trinken

Es mag vielleicht banal klingen, aber ausreichend trinken ist unglaublich wichtig. Wasser hat viele wichtige Funktionen im Körper. Wasser ist wichtig für den Nährstofftransport, für das Ausscheiden von Stoffwechselprodukten über die Niere oder um die Körpertemperatur konstant zu halten. Wer zu wenig trinkt, ist weniger leistungsfähig und riskiert im schlimmsten Fall eine Dehydration.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, pro Tag ca. 1,5 Liter zu trinken.16 Für die Flüssigkeitsaufnahme eignen sich vor allem Wasser und ungesüßte Tees. Fruchtsäfte enthalten viel Zucker und sollten daher nicht oder nur in Maßen konsumiert werden. Das selbe gilt auch für Softdrinks. Bei ihnen kommen häufig noch Zusatzstoffe hinzu, die beim Clean Eating tabu sind. Wenn dir Wasser auf Dauer zu langweilig erscheint, wie wäre es dann mit „infused water“? Beim infused water wird Wasser mit frischem Obst oder frischen Kräutern verfeinert, um dem Wasser einen Geschmack zu geben.

Alkohol sollte beim Clean Eating außerdem vermieden werden. Neben den gesundheitsschädigenden Aspekten ist Alkohol ein verarbeitetes Produkt und gilt daher nicht als „clean“.

Tipp 7: Meal Prepping

Jeden Tag frisch kochen ist zu zeitaufwendig? Dann ist Meal Prepping genau das Richtige! Plane deine Mahlzeiten im Voraus und koche mehrere Portionen auf einmal. So hat man nur ein Mal die Arbeit und kann vorgekochte Portionen im Kühlschrank oder Gefrierschrank bis zum nächsten Tag aufbewahren.

Ernährungshype oder Hoffnungsträger?

Wissenschaftliche Studien, die die gesundheitlichen Vorteile von Clean Eating untersuchen, sind absolute Mangelware. Der Ernährungstrend wird aber trotzdem allgemein als eine gesundheitsbewusste Ernährung angesehen. Wer „clean“ isst, nimmt grundsätzlich weniger schädliche Zusatzstoffe, raffinierten Zucker und schlechte Fette und Öle auf. Gleichzeitig ist der Gemüse- und Obstanteil höher. Die gesundheitlichen Vorteile einer solchen Ernährungsweise sind gut belegt.10,11 Studien zeigen außerdem, dass eine Ernährung reich an ultrahoch prozessierten Lebensmitteln mit einem höheren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Herzinfarkt und Schlaganfall, Übergewicht, Depressionen und Krebs einhergeht.17

Ein großes Problem ist jedoch eine fehlende allgemeingültige Definition des Clean Eatings. Besonders in den sozialen Medien kursieren dadurch viele verschiedene Auslegungen. Solche Auslegungen, die eine Kalorienrestriktion beinhalten, können für Risikopersonen gefährlich sein.1,2,18 Eine Studie untersuchte die Blogs von insgesamt 45 Frauen und zeigte, dass sich auf vielen dieser Blogs Anzeichen für Essstörungen finden lassen.18 Clean Eating kann man also grundsätzlich als eine gute und gesunde Ernährungsweise ansehen, bei Kalorienrestriktionen ist allerdings Vorsicht geboten.

War dieser Artikel hilfreich?

Literatur:

[1] Allen M, Dickinson KM, Prichard I. The Dirt on Clean Eating: A Cross Sectional Analysis of Dietary Intake, Restrained Eating and Opinions about Clean Eating among Women. Nutrients 2018; 10(9):1266. doi: 10.3390/nu10091266

[2] Ambwani S, Sellinger G, Rose KL et al. “It’s Healthy Because It’s Natural.” Perceptions of “Clean” Eating among U.S. Adolescents and Emerging Adults. Nutrients 2020; 12(6):1708. doi: 10.3390/nu12061708

[3] Xu E, Wang J, Tang J et al. Heat-induced conversion of multiscale molecular structure of natural food nutrients: A review. Food Chem 2022; 369:130900. doi: 10.1016/j.foodchem.2021.130900

[4] Barzegar F, Kamankesh M, Mohammadi A. Heterocyclic aromatic amines in cooked food: A review on formation, health risk-toxicology and their analytical techniques. Food Chem 2019; 280:240-254. doi: 10.1016/j.foodchem.2018.12.058

[5] Kim KH, Jahan SA, Kabir E et al. A review of airborne polycyclic aromatic hydrocarbons (PAHs) and their human health effects. Environ Int 2013; 60:71-80. doi: 10.1016/j.envint.2013.07.019

[6] Zhu Y, Duan X, Qin N et al. Health risk from dietary exposure to polycyclic aromatic hydrocarbons (PAHs) in a typical high cancer incidence area in southwest China. Sci Total Environ 2019; 649:731-738. doi: 10.1016/j.scitotenv.2018.08.157

[7] Islam MA, Amin MN, Siddiqui SA et ak. Trans fatty acids and lipid profile: A serious risk factor to cardiovascular disease, cancer and diabetes. Diabetes Metab Syndr 2019; 13(2):1643-1647. doi: 10.1016/j.dsx.2019.03.033

[8] Shil A, Chichger H. Artificial Sweeteners Negatively Regulate Pathogenic Characteristics of Two Model Gut Bacteria, E. coli and E. faecalis. Int J Mol Sci 2021; 22(10):5228. doi: 10.3390/ijms22105228

[9] Monteiro CA, Cannon G, Moubarac JC et al. The UN Decade of Nutrition, the NOVA food classification and the trouble with ultra-processing. Public Health Nutr 2018;  21(1):5-17. doi: 10.1017/S1368980017000234

[10] Benatar J.R., Stewart, R.A.H. (2018). Cardiometabolic risk factors in vegans; A meta-analysis of observational studies. PloS One. 13(12):e0209086. doi: 10.1371/journal.pone.0209086

[11] Appel, L.J., Moore, T.J., Obarzanek, E. et al. (1997). A clinical trial of the effects of dietary patterns on blood pressure. DASH Collaborative Research Group. N Engl J Med. 336: 1117–1124. 10.1056/NEJM199704173361601

[12] Höfler E, Sprengart P. Praktische Diätetik – Grundlagen, Ziele und Umsetzung der Ernährungstherapie. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart. 1. Auflage 2012

[13] Innes JK, Calder PC. Omega-6 fatty acids and inflammation. Prostaglandins Leukot Essent Fatty Acids 2018 ; 132:41-48. doi: 10.1016/j.plefa.2018.03.004

[14] Qin P, Li Q, Zhao Y et al. Sugar and artificially sweetened beverages and risk of obesity, type 2 diabetes mellitus, hypertension, and all-cause mortality: a dose-response meta-analysis of prospective cohort studies. Eur J Epidemiol 2020; doi: 10.1007/s10654-020-00655-y

[15] Mejia E, Pearlman M. Natural Alternative Sweeteners and Diabetes Management. Curr Diab Rep 2019; 19(12):142. doi: 10.1007/s11892-019-1273-8

[16] Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Nicht nur im Sommer: Am besten Wasser trinken. Presseinformation: Presse, DGE aktuell 11/2018 vom 13.06.2018. Im Internet: https://www.dge.de/presse/pm/nicht-nur-im-sommer-am-besten-wasser-trinken/

[17] Chen X, Zhang Z, Yang H et al. Consumption of ultra-processed foods and health outcomes: a systematic review of epidemiological studies. Nutr J 2020; 19(1):86. doi: 10.1186/s12937-020-00604-1

[18] Lynch, M. Healthy Habits or Damaging Diets: An Exploratory Study of a Food Blogging Community. Ecol Food Nutr 2010; 49(4):316-35. doi: 10.1080/03670244.2010.491054

Über die Autorin
Jasmin Ostermann

Jasmin Ostermann

Jasmin studiert im Master Nutritional Medicine und arbeitet seit Dezember 2021 als Werkstudentin bei Perfood. Durch ihr Studium hat sie erlebt, welchen großen Einfluss Ernährung auf die Gesundheit und die Lebensqualität der Menschen haben kann und dass einige Krankheiten durch Ernährung sogar geheilt werden können. Dadurch angetrieben, möchte sie ihr Wissen gerne mit euch teilen.

Bleib auf dem Laufenden

Melde dich bei unserem Newsletter an und erhalte ein E-Book gratis

Mach jetzt den Test und erfahre, ob MillionFriends zu dir passt:

Kategorien

Beitrag teilen