Schwangerschaftsdiabetes: Blutzucker individuell kontrollieren

Wenn die Blutzuckerwerte während der Schwangerschaft plötzlich durch die Decke gehen, spricht man von einem Schwangerschaftsdiabetes, der auch als Gestationsdiabetes oder Diabetes Typ 4 bezeichnet wird. Ungefähr 5 % aller Schwangeren sind betroffen. Was erst einmal nicht viel klingt, betrifft dennoch ca. 54 000 Frauen pro Jahr allein in Deutschland. Tendenz steigend.1

Wer einen Schwangerschaftsdiabetes entwickelt, muss regelmäßig den Blutzucker kontrollieren und auf die Ernährung achten. Warum allgemeingültige Ernährungsempfehlungen allerdings nicht bei jeder Schwangeren zu dem gewünschten Ziel führen und warum personalisierte Ernährung so wichtig ist, erfährst du hier.

Wie entsteht eigentlich Schwangerschaftsdiabetes?

Während einer Schwangerschaft muss sich der Körper hormonell an die neue Situation anpassen. Und besonders ab der zweiten Schwangerschaftshälfte muss mehr Energie bereitgestellt werden, um das ungeborene Kind ausreichend mit Nährstoffen versorgen zu können. Dafür muss der Stoffwechsel der Mutter mehr Zucker bereitstellen.2

Für den Zuckerstoffwechsel ist ein ganz bestimmtes Hormon wichtig: das Insulin. Das Insulin wird in der Bauchspeicheldrüse produziert und sorgt dafür, dass der Zucker aus dem Blut in die Zellen gelangen kann, um dort als Energiequelle genutzt zu werden. Durch die hormonellen Veränderungen während der Schwangerschaft ist die Wirkung des Insulins allerdings herabgesetzt. Es kann also weniger Zucker aus dem Blut in die Zellen geschleust werden.3

Unter normalen Umständen kann der Körper aber gegensteuern, indem die Bauchspeicheldrüse deutlich mehr Insulin produziert. Dadurch bleibt der Blutzuckerspiegel auch während der Schwangerschaft in einem normalen Bereich.2,3

Es kann nun aber trotzdem sein, dass die Insulinproduktion nicht ausreicht, um den Zucker aus dem Blut in die Zellen zu transportieren. Es entsteht also ein relativer Insulinmangel. Der Blutzuckerspiegel steigt und in letzter Konsequenz entsteht ein Schwangerschaftsdiabetes.2,3

Die folgenden Risikofaktoren begünstigen die Entstehung eines Schwangerschaftsdiabetes:2-4

  • Starkes Übergewicht/ Fettleibigkeit
  • Prädiabetes (erhöhte Blutzuckerwerte bereits vor der Schwangerschaft)
  • Genetische Veranlagung
  • Typ 2 Diabetes bei engen Verwandten (Eltern und Geschwister)
  • Schwangerschaftsdiabetes bei früheren Schwangerschaften
  • Höheres Alter bei der Schwangerschaft
  • Polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS)
  • Rauchen
  • Wiederholte Fehlgeburten
  • Asiatische oder philippinische Herkunft

Was tun bei Schwangerschaftsdiabetes?

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft und die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe empfehlen in ihrer Leitlinie, während eines Schwangerschaftsdiabetes sowohl auf die Ernährung als auch auf ausreichend Bewegung zu achten.2

Bewegung und Sport sind kein Tabu während der Schwangerschaft, auch wenn die körperliche Leistungsfähigkeit im Verlauf der Schwangerschaft abnimmt. Wieviel Bewegung sinnvoll ist und welche Sportarten sich eignen, sollte individuell mit dem behandelnden Arzt oder der Hebamme besprochen werden.2 Allein ein Spaziergang nach dem Essen kann den Blutzuckerspiegel bereits senken.2,5

Wie auch bei anderen Formen des Diabetes spielt die Ernährung hier eine zentrale Rolle. Es eignen sich besonders Ernährungsformen, die einen hohen Anteil an frischem Obst und Gemüse, Ballaststoffen und fettarmen Milchprodukten beinhalten. Gleichzeitig sollte die Zufuhr von gesättigten Fettsäuren und trans-Fettsäuren, Weizen- und Weißmehlprodukten, Süßigkeiten und sehr salzigen Speisen reduziert werden.2,6 Geeignet sind deshalb zum Beispiel eine Ernährung mit niedrigem glykämischen Index wie in der LOGI-Methode oder eine Ernährung nach der DASH-Diät  („Dietary Approaches to Stop Hypertension“-Diät).2,6 Empfohlen wird außerdem, die Kohlenhydratmenge über den Tag auf 3 nicht zu große Hauptmahlzeiten und 2-3 kleine Zwischenmahlzeiten zu verteilen.2

Mit diesen allgemeinen Ernährungsempfehlungen gibt es aber ein Problem: Denn wenn man es genau betrachtet, gelten sie nicht für jeden. Vor einigen Jahren fanden Wissenschaftler heraus, dass Menschen nach dem Verzehr einer identischen Mahlzeit trotzdem unterschiedlich reagieren. Bei einer Person kann der Blutzucker steil ansteigen, während er bei einer anderen Person konstant bleibt.7,8 Das liegt an den verschiedenen Stoffwechseltypen, den Nutritypen.

Nutritypen: Blutzucker individuell kontrollieren

Die Entdeckung, dass nicht alle Menschen gleich auf Lebensmittel reagieren, bedeutete Veränderungen in der bisherigen Ernährungsmedizin. Denn ab jetzt stand fest, dass allgemeine und pauschalisierte Ernährungsempfehlungen an ihre Grenzen stoßen. Ein neues Konzept musste her: die personalisierte Ernährung.

In der personalisierten Ernährung geht es darum, die Ernährung individuell an die Bedürfnisse des Menschen anzupassen, anstatt pauschalisierte Empfehlungen auszusprechen. Letztendlich passt sich hier also nicht die Patientin den Ernährungsempfehlungen an, sondern die Empfehlungen den Bedürfnissen der Patientin.

Im Falle des (Schwangerschafts-) Diabetes passiert dies über eine kontinuierliche Glukosemessung (continuous glucose monitoring, CGM). Dabei wird über einen Glukosesensor für zwei Wochen der Blutzucker rund um die Uhr kontrolliert. Gleichzeitig gibt ein Ernährungsprotokoll Aufschluss, wann welche Lebensmittel auf den Tisch kamen. Durch künstliche Intelligenz kann am Ende ermittelt werden, zu welchem Stoffwechseltypen man gehört und welche Lebensmittel sich in welcher Kombination am besten eignen, um den Blutzucker konstant zu halten.

Es werden dabei im Wesentlichen drei unterschiedliche Nutritypen unterschieden: der Protein-Typ, der Fett-Typ und der Misch-Typ. Gehörst du zu dem Protein-Typ, reagiert dein Stoffwechsel besonders gut auf Proteine. Das heißt: Kombinierst du kohlenhydrathaltige Lebensmittel mit Proteinen, steigt dein Blutzucker nicht so stark an, als wenn du die Kohlenhydrate alleine gegessen hättest. Gehörst du zu dem Fett-Typ, gilt dasselbe für Fette: Dein Blutzucker bleibt konstant, wenn du Kohlenhydrate mit Fetten kombinierst. Und gehörst du zu dem Misch-Typ, reagiert dein Körper sowohl auf Proteine als auch auf Fette positiv. In diesem Fall kannst du Kohlenhydrate sowohl mit Fetten als auch mit Protein kombinieren, um ungesunde Blutzuckerspitzen zu vermeiden.9-11

 

Zu welchem Stoffwechseltypen gehörst du? Bist du der Protein-Typ, der Fett-Typ oder vielleicht der Misch-Typ? Mit MillionFriends kannst du herausfinden, zu welchem Stoffwechseltypen du gehörst und welche Lebensmittel du klug kombinieren kannst, um den Blutzucker konstant zu halten und den Schwangerschaftsdiabetes in den Griff zu bekommen.

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Literatur

[1] Robert Koch Institut (RKI). Prävalenz Gestationsdiabetes, 2022. Im Internet: https://diabsurv.rki.de/Webs/Diabsurv/DE/diabetes-in-deutschland/1-02_Praevalenz_Gestationsdiabetes.html#:~
:text=Insgesamt%20wurde%20im%20Jahr%202019,auf%207%2C3%20%25%20zugenommen.

[2] S3-Leitlinie Gestationsdiabetes mellitus (GDM), Diagnostik, Therapie und Nachsorge. AWMF-Registernummer: 057–008, 2. Auflage.

[3] Choudhury AA, Devi Rajeswari V. Gestational diabetes mellitus – A metabolic and reproductive disorder. Biomed Pharmacother. 2021 Nov;143:112183. doi: 10.1016/j.biopha.2021.112183. Epub 2021 Sep 21. PMID: 34560536.

[4] Kim MK, Han K, You SY et al. Prepregnancy smoking and the risk of gestational diabetes requiring insulin therapy. Sci Rep. 2020 Aug 17;10(1):13901. doi: 10.1038/s41598-020-70873-7. PMID: 32807828; PMCID: PMC7431589.

[5] Aldred HE, Hardman AE, Taylor S. Influence of 12 weeks of training by brisk walking on postprandial lipemia and insulinemia in sedentary middle-aged women. Metabolism. 1995 Mar;44(3):390-7. doi: 10.1016/0026-0495(95)90172-8. PMID: 7885287.

[6] Plows JF, Stanley JL, Baker PN et al. The Pathophysiology of Gestational Diabetes Mellitus. Int J Mol Sci. 2018 Oct 26;19(11):3342. doi: 10.3390/ijms19113342. PMID: 30373146; PMCID: PMC6274679.

[7] Zeevi D, Korem T, Zmora N et al. Personalized Nutrition by Prediction of Glycemic Responses. Cell. 2015 Nov 19;163(5):1079-1094. doi: 10.1016/j.cell.2015.11.001. PMID: 26590418.

[8] Asnicar F, Berry SE, Valdes AM et al. Microbiome connections with host metabolism and habitual diet from 1,098 deeply phenotyped individuals. Nat Med. 2021 Feb;27(2):321-332. doi: 10.1038/s41591-020-01183-8. Epub 2021 Jan 11. PMID: 33432175; PMCID: PMC8353542.

[9] Roberts S, Desbrow B, Grant G et al. Glycemic response to carbohydrate and the effects of exercise and protein. Nutrition. 2013 Jun;29(6):881-5. doi: 10.1016/j.nut.2012.12.022. Epub 2013 Mar 13. PMID: 23490435.

[10] Collier G, O’Dea K. The effect of coingestion of fat on the glucose, insulin, and gastric inhibitory polypeptide responses to carbohydrate and protein. Am J Clin Nutr. 1983 Jun;37(6):941-4. doi: 10.1093/ajcn/37.6.941. PMID: 6342357.

[11] Meng H, Matthan NR, Ausman LM et al. Effect of macronutrients and fiber on postprandial glycemic responses and meal glycemic index and glycemic load value determinations. Am J Clin Nutr. 2017 Apr;105(4):842-853. doi: 10.3945/ajcn.116.144162. Epub 2017 Feb 15. PMID: 28202475; PMCID: PMC5366046.

Über die Autorin
Jasmin Ostermann

Jasmin Ostermann

Jasmin studiert im Master Nutritional Medicine und arbeitet seit Dezember 2021 als Werkstudentin bei Perfood. Durch ihr Studium hat sie erlebt, welchen großen Einfluss Ernährung auf die Gesundheit und die Lebensqualität der Menschen haben kann und dass einige Krankheiten durch Ernährung sogar geheilt werden können. Dadurch angetrieben, möchte sie ihr Wissen gerne mit euch teilen.

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