Blutzucker unter dem Einfluss der Geschlechtshormone

Bei dem Diabetes Typ 2 dreht sich alles um den Insulin- und Blutzuckerspiegel. Um der Erkrankung vorzubeugen oder einen bereits bestehenden Diabetes zu bekämpfen, ist es wichtig, den Blutzuckerspiegel konstant zu halten beziehungsweise zu senken. Dabei sind sogenannte Lifestyle-Faktoren wie Ernährung, Bewegung und Sport, Stresslevel oder Schlaf besonders wichtig. Darüber hinaus spielen auch die Gene eine Rolle.

Forschende haben außerdem herausgefunden, dass Diabetes Typ 2 geschlechts- und altersabhängig unterschiedlich häufig auftritt. Ein Grund dafür liegt in der unterschiedlichen Konzentration der Geschlechtshormone Östrogen und Testosteron.1,2

Hormone im Überblick: Östrogen und Testosteron

Hormone sind Botenstoffe, die die Kommunikation zwischen Gewebe und unterschiedlichen Körperteilen ermöglichen. Sie werden in unterschiedliche Gruppen unterteilt. Eine dieser Gruppen sind die sogenannten Steroidhormone. Zu ihnen zählen auch die geschlechtsspezifischen Hormone Östrogen und Testosteron.

Steroidhormone werden überwiegend in dem äußeren Bereich der Nebenniere – der sogenannten Nebennierenrinde – und den Keimdrüsen (Eierstöcke und Hoden) gebildet. Alle Steroidhormone haben gemeinsam, dass sie über mehrere Stoffwechselreaktionen aus Cholesterin gebildet werden.

Das weibliche Geschlechtshormon Östrogen ist bei Frauen an der Regulation des Menstruationszyklus beteiligt und spielt während einer Schwangerschaft eine wichtige Rolle. Östrogen führt zum Aufbau der Gebärmutterschleimhaut, erhöht das Wachstum des Brustgewebes, hemmt den Knochenabbau und erhöht die Konzentration des gesundheitsfördernden HDL-Cholesterins.3 Auch Männer haben natürlicherweise eine gewisse – wenn auch niedrige – Menge an Östrogen. Auch bei ihnen wirkt Östrogen dem Knochenabbau entgegen und hat positive Effekte auf Prostata und Fertilität sowie den Cholesterin-Stoffwechsel.4

Das männliche Geschlechtshormon Testosteron ist bei Männern wichtig für die Entwicklung der männlichen Geschlechtsorgane, der Bildung der Spermien sowie dem Muskel- und Knochenaufbau und einem stärkeren Haarwachstum.5 Bei Frauen kommt Testosteron nur in geringen Konzentrationen vor und ist in erster Linie für die körpereigene Herstellung von Östrogen wichtig. Durch ein bestimmtes Enzym kann Testosteron nämlich zu Östrogen verstoffwechselt werden. Darüber hinaus fördert Testosteron auch bei Frauen den Aufbau der Muskulatur und der Knochen.6

Schützt Östrogen vor Diabetes?

In wissenschaftlichen Studien konnte gezeigt werden, dass Diabetes Typ 2 geschlechts- und altersabhängig auftritt. Das heißt konkret: die Wahrscheinlichkeit, an Diabetes Typ 2 zu erkranken, ist bei Frauen nach den Wechseljahren und Männern deutlich höher als bei Frauen vor den Wechseljahren. Die Erklärung dafür liegt in der unterschiedlichen Konzentration an Östrogen.

Frauen im gebärfähigen Alter haben einen höheren Östrogenspiegel und haben dadurch – im Vergleich zu Männern im gleichen Alter – ein deutlich geringeres Risiko für Insulinresistenz und Diabetes Typ 2. Mit den Wechseljahren sinkt der Östrogenspiegel bei Frauen stark ab. Gleichzeitig steigt das Risiko für Insulinresistenz und Diabetes auch bei Frauen deutlich an.1,2

Östrogen scheint also in gewisser Weise vor der Entstehung von Diabetes Typ 2 zu schützen. Warum das so ist, ist jedoch noch nicht vollständig geklärt. Fest steht allerdings, dass Östrogen nicht die Produktion von  Insulin in der Bauchspeicheldrüse beeinflusst, sondern die Aufnahme von Glukose aus dem Blut in die Muskelzellen erhöht, wodurch der Blutzucker sinkt.7,8

Studien mit Frauen nach den Wechseljahren zeigten, dass eine Hormonersatztherapie mit Östrogen das Risiko für Diabetes senken kann.9,10 Als Therapieansatz für Diabetiker ist Östrogen jedoch ungeeignet. Denn ein hoher Östrogenspiegel erhöht auch das Risiko für bestimmte Krebserkrankungen wie Brustkrebs.11

Testosteronmangel erhöht das Diabetes-Risiko

Nicht nur Östrogen beeinflusst den Blutzuckerspiegel. Ein Mangel an Testosteron bei Männern bringt diverse gesundheitliche Nachteile mit sich: die Fettmasse – besonders das stoffwechselaktive und gesundheitsschädliche Bauchfett – nimmt zu und die Insulinsensitivität und Glukosetoleranz werden schlechter. Auch die Fettwerte verschlechtern sich, sodass die Menge an gesundheitsschädlichen Triglyceriden und LDL-Cholesterin steigt. Das gesundheitsfördernde HDL-Cholesterin sinkt jedoch ab.12

Wissenschaftliche Studien zeigten, dass 25 – 50 % aller Männer mit Diabetes Typ 2 an einem Testosteron-Mangel leiden. Ein zu niedriger Testosteronspiegel bei Männern ist außerdem auch ein Risikofaktor für die Entstehung von Diabetes.13

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Literatur:

[1] Yan H, Yang W, Zhou F et al. Estrogen Improves Insulin Sensitivity and Suppresses Gluconeogenesis via the Transcription Factor Foxo1. Diabetes 2019; 68(2):291-304. doi: 10.2337/db18-0638

[2] Louet JF, LeMay C, Mauvais-Jarvis F. Antidiabetic actions of estrogen: insight from human and genetic mouse models. Curr Atheroscler Rep 2004; 6(3):180-5. doi: 10.1007/s11883-004-0030-9

[3] Patel S, Homaei A, Raju AB et al. Estrogen: The necessary evil for human health, and ways to tame it. Biomed Pharmacother 2018; 102:403-411. doi: 10.1016/j.biopha.2018.03.078

[4] Jockenhövel F, Lehnert H. Östrogene für den Mann – sinnvoll oder gefährlicher Unfug?Dtsch Arztebl 2004; 101(9): A-578 / B-479 / C-471

[5] Traish AM. Benefits and Health Implications of Testosterone Therapy in Men With Testosterone Deficiency. Sex Med Rev 2018; 6(1):86-105.doi: 10.1016/j.sxmr.2017.10.001

[6] Davis SR, Wahlin-Jacobsen S. Testosterone in women–the clinical significance. Lancet Diabetes Endocrinol 2015; 3(12):980-92. doi: 10.1016/S2213-8587(15)00284-3

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[9] Salpeter SR, Walsh JM, Ormiston T et al. Meta-analysis: effect of hormone-replacement therapy on components of the metabolic syndrome in postmenopausal women. Diabetes Obes Metab 2006; 8(5):538-54. doi: 10.1111/j.1463-1326.2005.00545.x

[10] Kanaya AM, Herrington D, Vittinghoff E et al. Glycemic Effects of Postmenopausal Hormone Therapy: The Heart and Estrogen/progestin Replacement Study: A Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled Trial. Ann Intern Med 2003;138:1–9. doi:10.7326/0003-4819-138-1-200301070-00005

[11] Clemons M, Goss P. Estrogen and the risk of breast cancer. N Engl J Med 2001; ;344(4):276-85. doi: 10.1056/NEJM200101253440407

[12] Kelly DM, Jones TH. Testosterone: a metabolic hormone in health and disease. J Endocrinol 2013; 217(3):R25-45.doi: 10.1530/JOE-12-0455

[13] Gianatti EJ, Grossmann M. Testosterone deficiency in men with Type 2 diabetes: pathophysiology and treatment. Diabet Med 2020; 37(2):174-186. doi: 10.1111/dme.13977

Über die Autorin
Jasmin Ostermann

Jasmin Ostermann

Jasmin studiert im Master Nutritional Medicine und arbeitet seit Dezember 2021 als Werkstudentin bei Perfood. Durch ihr Studium hat sie erlebt, welchen großen Einfluss Ernährung auf die Gesundheit und die Lebensqualität der Menschen haben kann und dass einige Krankheiten durch Ernährung sogar geheilt werden können. Dadurch angetrieben, möchte sie ihr Wissen gerne mit euch teilen.

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