Guter Schlaf = Guter Blutzucker?

Für den menschlichen Körper stellt Schlaf eine wichtige Phase der körperlichen und geistigen Erholung dar. Im Schlaf regeneriert sich der Körper. Das Immunsystem wird gestärkt. Das Gehirn kann außerdem die während des Tages gesammelten Eindrücke verarbeiten und speichern. Und natürlich laufen auch unzählige Stoffwechselprozesse ab, um die Energiespeicher aufzufüllen und Zwischen- und Endprodukte der Stoffwechselreaktionen abzubauen.

Welchen Einfluss der Schlaf auf unseren Blutzucker hat und warum nicht-erholsamer Schlaf oder Schlafmangel krank macht, erfährst du hier.

Wie der Schlaf unseren Stoffwechsel beeinflusst

Wann wir müde werden und wann wir wieder wach sind, wird von unserer inneren Uhr – auch zirkadiane Uhr genannt – bestimmt. Der zirkadiane Rhythmus dauert ungefähr 24 Stunden, also einen Tag.1,2 Während des ganzes Tages sendet die zirkadiane Uhr über das Nerven- und Hormonsystem Signale an den Körper. Die Signale bestimmen zum Beispiel, ob wir müde oder wach sind.1,2

Während wir schlafen, ist der Stoffwechsel sehr aktiv. Gesteuert von unser inneren Uhr, werden in der ersten Nachthälfte vermehrt Wachstumshormone ausgeschüttet. Sie fördern die Zellerneuerung und den Knochenaufbau.3 Neben Wachstumshormonen ist aber auch die Konzentration der Immunzellen während des Schlafs sehr hoch. Die Immunzellen können dann Bakterien und andere körperfremde Zellen bekämpfen. Deswegen ist es auch so wichtig, zum Beispiel während einer Erkältung ausreichend zu schlafen und das Immunsystem arbeiten zu lassen.3,4

Während der zweiten Nachthälfte signalisiert die zirkadiane Uhr, dass es bald Zeit zum Aufwachen wird. Dazu wird vermehrt das Stresshormon Cortisol ausgeschüttet. Die Konzentration von Cortisol im Blut ist daher morgens nach dem Aufstehen am höchsten und sinkt während des Tages immer weiter ab.1,3

Neben vielen weiteren Stoffwechselprozessen, die durch den Schlaf beeinflusst werden, wollen wir uns nun aber den Blutzuckerspiegel anschauen. Denn besonders unser Gehirn ist sehr abhängig von dem Energielieferanten Glukose. Im nüchternen Zustand verbraucht das Gehirn allein ca. 50 % der zur Verfügung stehenden körpereigenen Glukose. Und obwohl dem Körper während der Schlafenszeit kein neuer Zucker zugeführt wird, bleibt der Blutzuckerspiegel über die Nacht einigermaßen konstant.1

Schlafstörungen und Schlafmangel machen krank

Schlafen wir zu kurz oder zu unregelmäßig, gerät unsere innere Uhr aus dem Takt. Es werden dann nicht mehr die richtigen Hormonkonzentrationen zur richtigen Zeit ausgeschüttet oder die richtigen Nervenimpulse gegeben. Die Folge: Der Körper kann sich nachts nicht mehr so gut erholen, das Immunsystem wird geschwächt und der Stoffwechsel negativ beeinträchtigt. Es entsteht eine Insulinresistenz und der Blutzucker- und die Fettwerte sind erhöht.2

Welche negativen Effekte Schlafstörungen und Schlafmangel auf den Blutzucker haben, wurde in wissenschaftlichen Studien wie der Nurses Health Study erforscht. In dieser Studie wurden insgesamt mehr als 70 000 Krankenschwestern regelmäßig befragt und untersucht. Auch die Schlafgewohnheiten wurden analysiert. Das Ergebnis: Sowohl eine sehr kurze Schlafdauer von weniger als 5 Stunden pro Nacht als auch eine sehr lange Schlafdauer von mehr als 9 Stunden pro Nacht erhöhten deutlich das Risiko für Diabetes Typ 2 und Übergewicht.5

In einem anderen Experiment untersuchten Wissenschaftler, ob sich der Blutzucker von Probanden mit normalem Schlaf gegenüber Probanden mit Schlafmangel unterscheidet. Interessanterweise ähnelten sich die Blutzuckerwerte der beiden Gruppen im nüchternen Zustand. Nach einer Mahlzeit zeigten sich jedoch Unterschiede: Der Blutzucker von Probanden mit einem gestörten oder zu kurzen Schlaf stieg deutlich steiler an als in der Vergleichsgruppe. Schlechter Schlaf beeinflusst die Blutzuckerreaktion also negativ. Warum genau das so ist, ist noch nicht abschließend geklärt.6 Wahrscheinlich kommt dieser Effekt jedoch durch eine verringerte Insulinsensitivität zustande, wodurch die Zellen weniger Zucker aus dem Blut aufnehmen können.3,6

Tipps für einen erholsamen Schlaf

Unsere Schlafqualität kann durch viele Dinge in unserem Alltag beeinflusst werden. Letztendlich muss natürlich jeder selbst in sich hineinhorchen, welche Auslöser zu den Schlafproblemen beitragen. Hier findest du die häufigsten Ursachen und Tipps für einen erholsamen Schlaf.

Stress und Anspannung abbauen

Stress und Anspannung führen dazu, dass der Körper tagsüber vermehrt Stresshormone ausschüttet. Nachts fällt es deswegen schwerer, einzuschlafen. Und nicht nur die Schlafdauer verkürzt sich, auch der Schlafqualität nimmt ab. Die hohe Konzentration an Stresshormonen sorgt außerdem dafür, dass der zirkadiane Rhythmus inklusive Blutzuckerspiegel durcheinander gerät.7,8

Schlafmangel und Stress führen außerdem dazu, dass das Hormon Ghrelin vermehrt ausgeschüttet wird. Ghrelin sorgt für das typische Hungergefühl und unterdrückt zusätzlich die Freisetzung des Sättigungshormons Leptin. Die Folge sind vermehrter Hunger, Heißhungerattacken, Übergewicht und ein höheren Risiko für Diabetes Typ 2.6,9,10

Um besser zu schlafen, müssen Stress und Anspannung abgebaut werden. Studien zeigen, dass Entspannungstechniken wie progressive Muskelrelaxation sowie Meditation und Yoga wirksam den Stresslevel senken können. Aber auch ein Spaziergang an der frischen Luft, Sport und Musik können hilfreich sein.11,12

Blaues Licht vermeiden

Wer abends vor dem Schlafengehen fernsieht oder mit dem Handy oder Tablet im Bett liegt, bringt sich selbst um den wichtigen Schlaf. Denn die Helligkeit und das blaue Licht der elektronischen Geräte gibt dem Gehirn das falsche Signal. Das Gehirn produziert nämlich nur bei Dunkelheit das Schlafhormon Melatonin.13-15

Die perfekte Schlafdauer finden

Die perfekte Schlafdauer ist für jeden anders, liegt aber meistens zwischen 7 und 8 Stunden. Herausgefunden hat man sie, wenn man erst zur Schlafenszeit wieder müde wird. Dafür ist es aber auch wichtig, abends immer zur gleichen Zeit ins Bett zu gehen.

Abends keinen Alkohol trinken

Alkohol kann zwar müde machen und dazu führen, dass man schneller einschläft. Aber: Alkohol führt auch dazu, dass man besonders in der zweiten Nachthälfte weniger tief schläft und häufiger aufwacht. Der Schlaf ist also weniger erholsam.16 Wer schlecht einschlafen kann, sollte das Problem auf keinen Fall mit einem Glas Wein lösen. Das rächt sich.

Tee trinken

Tee aus Kamille, Zitronenmelisse, Lavendel, Baldrian oder Hopfen kann beim Einschlafen helfen. Denn die enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe und ätherischen Öle sorgen dafür, dass Stresshormone reduziert und die Schlafqualität verbessert wird. Den Tee solltest du am besten ohne Zucker oder andere Süßungsmittel trinken.17-19

Mit dem behandelnden Arzt sprechen

Wer dauerhaft schlecht schläft bzw. sich tagsüber immer müde und ausgelaugt fühlt, sollte das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Werden Müdigkeit und Schlafstörungen trotz Achtsamkeit und einer guten Schlafhygiene nicht besser, sollte dies mit dem behandelnden Arzt abgeklärt werden. Dahinter könnte zum Beispiel eine Schlaf-Apnoe stecken.

Vorsicht ist auch bei der Einnahme von Schlafmitteln geboten. Viele solcher Medikamente machen abhängig und können Nebenwirkungen mit sich bringen. Und auch pflanzliche Alternativen sind nicht per se risikofrei. Auch sie können mit anderen Medikamenten wechselwirken.

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Literatur

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Über die Autorin
Jasmin Ostermann

Jasmin Ostermann

Jasmin studiert im Master Nutritional Medicine und arbeitet seit Dezember 2021 als Werkstudentin bei Perfood. Durch ihr Studium hat sie erlebt, welchen großen Einfluss Ernährung auf die Gesundheit und die Lebensqualität der Menschen haben kann und dass einige Krankheiten durch Ernährung sogar geheilt werden können. Dadurch angetrieben, möchte sie ihr Wissen gerne mit euch teilen.

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